Vergesellschaftungen/Zusammenführungen von Kaninchen - wie viele sind eigentlich zumutbar für Kaninchen?
Da Kaninchen auf keinen Fall alleine gehalten werden dürfen, brauchen sie immer mindestens ein Partnertier.
Wenn zwei Kaninchen nach einer Vergesellschaftung harmonisch miteinander leben, kommt einem irgendwann oftmals die Idee, noch einem, zwei oder mehreren Langohren ein schönes Zuhause schenken zu wollen da der Platz ja ausreichend vorhanden wäre.
Die Frage ist, ob es tatsächlich eine gute Entscheidung im Sinne der Kaninchen ist?
Seit einigen Jahren widme ich mich Verhaltensstörungen & Vergesellschaftungen von Kaninchen.
Ich lese mich immer mal quer durchs Internet, da mich die Themen sehr interessieren.
Hierbei fiel mir auf, dass viele sich harmonische Gruppen wünschen und zu einem schon vorhanden Pärchen oder einer Gruppe,
gerne weitere Kaninchen haben möchten.
Immer öfter liest man dann ebenfalls dass es Probleme gibt bei der Vergesellschaftung und zu extremer Unruhe führt
auch, zwischen den schon vorhandenen Kaninchen.
Bösartige Verletzungen der Kaninchen sind hierbei leider keine Seltenheit.
Pärchen
Eine Vergesellschaftung von einem Pärchen auf neutralem Boden (*in Ausnahmefällen auch auf nicht neutralem Boden) klappt meist innerhalb einer Woche ganz gut. So dass beide ohne Stress miteinander fressen, sich gegenseitig putzen und miteinander kuscheln bzw. beieinander liegen.
Mit viel Glück geht es deutlich schneller und es wird ausgiebig gekuschelt.
In Ausnahmefällen, wenn eines der beiden Kaninchen sehr dominant ist, kann es auch etwas länger dauern.
Die Vergesellschaftung an sich ist hiermit aber noch nicht wirklich abgeschlossen, denn so einfach klärt sich die Rangordnung
unter Kaninchen dann doch in vielen Fällen nicht. Dies liegt daran, dass sie sich nach der ersten Annäherung und Akzeptanz erst
einmal lernen müssen zusammen zu leben. Sie müssen dies lernen, weil sie keine andere Möglichkeit haben, da wir für
sie diese Entscheidung treffen.
In der Regel passen Männchen und Weibchen am Besten zusammen.
Gleichgeschlechtliche Kaninchen
Eine Vergesellschaftung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Kaninchen dauert in der Regel schon etwas länger.
Es kann gut gehen, kann aber auch zu dauerhaften Problemen führen durch immer wiederkehrende Rangkämpfe untereinander oder durch Aggressionen, z.B. ausgelöst durch hormonelle Probleme bei Häsinnen. Manchmal löst auch eine Kastration der Weibchen nicht das Problem.
Rammler müssen immer kastriert sein!
Es gibt genug gleichgeschlechtliche Kaninchen, die harmonisch miteinander leben können.
Eine Gruppe von Kaninchen (mindestens 3 Kaninchen oder mehr)
Bei einer Gruppe ist es meist nicht ganz so einfach, was damit zusammen hängt, das hier viele Charaktere aufeinander treffen und auch der Platz eine große Rolle dabei spielt. Kaninchen benötigen viel Platz!
In Außenhaltung, wo die Tiere nicht unter Beobachtung stehen können während der Vergesellschaftung, ist es noch mal ein wenig komplizierter, da man es nicht immer ausreichend im Blick haben kann, wenn es Stress oder Kämpfe in der Gruppe gibt. Hier wäre eine Kamera eine Möglichkeit.
Die Vergesellschaftung einer Gruppe kann durchaus mehrere Wochen oder sogar Monate andauern.
Die Gruppendynamik wird durch ein oder mehrere neue Kaninchen komplett durcheinander gewürfelt und die Gruppe muss sich neu finden.
Selbstverständlich gibt es auch Gruppen, die harmonisch zusammenleben.
Rangordnungsklärung/Revierverteidigung von Kaninchen
Kaninchen verteidigen ihr Revier durch Anspritzen mit Urin, Unsauberkeit in der Zeit der Zusammenführung, Berammeln eines anderen Kaninchens bis hin zum Fell ausrupfen.
Sie springen sich an, beißen sich fest im Fell und schlagen mit den Hinterfüßen gegeneinander.
Kurze Einblicke in eine normale Vergesellschaftung:
Es ist nicht selten, dass es während einer Vergesellschaftung zu nicht unerheblich starken Wunden, die genäht werden müssen, Augenverletzungen oder sogar Abbeißen von Ohren oder Nasen kommt.
Durch die extrem ruppige Art reißt sich das ein oder andere Kaninchen auch mal eine Kralle raus oder im schlimmsten Fall kommt es auch einmal zu einem Beinbruch durch extremes Jagdverhalten/Revierverteidigung.
Die kleinen plüschigen süßen Hasis sind bei der Vergesellschaftung selbst gar nicht mehr so niedlich, sondern entwickeln sich zu richtig rabiaten Tyrannen, die einem anderen Kaninchen extreme Verletzungen zufügen können.
Auch wenn dies bei Pärchen durchaus genauso vorkommen kann, so ist diese Art der Kämpfe meist heftiger in Gruppen vorzufinden.
Bei den Verletzungen, meist Bisswunden, bleibt es meines Erachtens meistens nicht.
Ich weiß inzwischen, dass Kaninchen durchaus Angst und Panik entwickeln können, wenn sie durch eine Vergesellschaftung Verletzungen davon trugen
oder gar verstümmelt wurden.
Auch wenn Kaninchen immer wieder Vergesellschaftungen über sich ergehen lassen müssen, können diese Verhaltensstörungen in unterschiedlicher Art und Weise auftreten.
Daher rate ich inzwischen bei solchen Vorkommnissen davon ab, einen erneuten Vergesellschaftungsversuch in einer Gruppe vorzunehmen.
Fragt mich jemand, ob zu einem harmonischen Pärchen/Zweiergespann oder schon vorhandenen Gruppe noch weitere Kaninchen hinzugeholt werden sollen, rate ich auch hier davon ab.
Den Kaninchen zuliebe!Man sollte definitiv in Betracht ziehen, dass nicht alle Kaninchen gruppentauglich sind. Genauso können einzelne Kaninchen in einer Zweierpartnerschaft unterfordert sein.
In wenigen Fällen kann man tatsächlich sagen, wie sich eine Vergesellschaftung entwickelt und wer hinterher das Sagen hat.
Die Rangordnung kann sich mit jedem neuen Kaninchen neu aufstellen.
Eine Vergesellschaftung ist immer Stress für alle Kaninchen! Egal ob nur mit einem Partner oder aber mit mehreren Kaninchen.
Bei nur einem Partner, muss sich das Kaninchen nur gegen eines zur Wehr setzen. In einer Gruppe kann es vorkommen, dass sich mehrere Kaninchen mit dem Neuankömmling "prügeln".
Kommt ein neues Kaninchen in eine bestehende Gruppe, wird die ganze Gruppendynamik durcheinander gebracht und es entsteht in der ganzen Gruppe erst einmal Unruhe.
Der Stress kann sich durch Aggression entladen oder aber zum Gegenteil führen, dass sich ein Kaninchen extrem zurück zieht. Manches Kaninchen verweigert am Anfang einer Vergesellschaftung das Fressen, was zu Magen-Darm Problemen führen kann. Durchfall kann ebenso durch Stress ausgelöst werden.
Und ja, es gibt sie immer, die berühmte Ausnahme - und zum Glück gibt es diese.
Die Frage ist, wie viel möchte man einem Kaninchen zumuten, nur weil wir Menschen wollen, dass es in eine Gruppe passt?
Wie bei allem, was Tiere betrifft, sollte man meiner Meinung nach nichts erzwingen.
Man sollte bitte Kaninchen nicht ständig unnötigen Vergesellschaftungen aussetzen.
Wenn ein Pärchen oder eine Gruppe harmoniert, gibt es keinen Grund, diese Harmonie zu stören und den Kaninchen dem zusätzlichen Stress einer erneuten Vergesellschaftung auszusetzen.
Weiter braucht es bitte immer einen Plan B, wenn eine Vergesellschaftung scheitert:
- Wohin dann mit dem/den Kaninchen?
- Habe ich Platz für zwei Gruppen bzw. Pärchen oder würde sogar ein Kaninchen weitervermitteln können?
Ist dies nicht der Fall, sollte man bitte dem Neuzugang zuliebe keine neue Vergsellschaftung wagen.
Die Abgabe eines Kaninchens ist nicht fair, dem Tier selbst gegenüber, nur weil wir Menschen es uns in den Kopf gesetzt haben,
dass unsere Kaninchengruppe wachsen soll.
Selbstverständlich ist Einzelhaltung keine Option!
Wenn es bei Pärchen oder Gruppen zu Unruhe kommt, dann hat dies in den meisten Fällen einen Grund und kann nicht durch weitere
Kaninchen gelöst werden. Hier muss die Ursache gefunden werden, die meist in Unwohlsein oder Krankheit der Kaninchen zu finden ist.
Daher sollte man sich bitte erfahrene Hilfe holen, zum Beispiel bei Kaninchenschutzvereinen oder gerne bei mir.
© Kaninchenraum 04/2022