Verhaltensauffälligkeiten-Verhaltensstörungen bei Kaninchen
17.07.2022 09:38
von
Kaninchenraum
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Woher kommen Aggressionen bei Kaninchen?
Kaninchen gelten in der Regel als sehr liebevolle und schmusebedürftige Tierchen.
Mit ihren niedlichen Gesichtern und den hübschen langen Ohren, kann man nur sehr schwer glauben, dass diese kleinen zierlichen Tierchen nicht nur andere Kaninchen oder anderen Tieren, sondern auch Menschen schlimm verletzen können, wenn sie in Not oder Panik geraten. Sei es durch falsche Haltung, Krankheit, Angst oder bei der Vergesellschaftung mit Artgenossen.
Aus genannten Gründen ist es auch falsch, dass Kaninchen genau die richtige Tierart für Kinder sind. Kaninchen möchten nicht hoch gehoben, auf dem Arm herum getragen oder an der Leine herum geführt werden. Kaninchen sind Fluchttiere und wenn diese sich erschrecken oder in Panik geraten, dann versuchen sie so schnell wie es ihnen möglich ist, die Flucht zu ergreifen und können sich hierdurch sehr verletzen.
Da Kaninchen keine Möglichkeiten haben, sich mit Lauten bemerkbar zu machen (wie z.B. Katzen, Hunde oder andere Tiere), leiden sie zu meist still, oder sie fangen an zu kratzen, zu zwicken oder gar zu beißen und werden dann als aggressiv eingestuft. Eine Ausnahme ist hier der sogenannte "Todesschrei von Kaninchen". Wenn Kaninchen richtig in Panik geraten oder stark verletzt werden, können sie einen Schrei ausstoßen, der einem durch Mark und Bein gehen kann.
Einzelhaltung bei Gruppentieren, zu denen Kaninchen gehören, kann man als grausam beschreiben.
In der freien Wildbahn kann man die natürliche Lebensweise von Kaninchen sehr gut beobachten.
Kaninchen brauchen soziale Kontakte und deren Kommunikation untereinander, da sie sehr viel schmusen, sich gegenseitig putzen, sich die Augen und Ohren gegenseitig säubern und gegenseitig den Blinddarmkot aufnehmen, falls einem der Kaninchen zum Beispiel Vitamine fehlen.
Diese Art von Sozialkontakt, kann nur ein anderes Kaninchen bieten. Kein anderes Tier oder ein Mensch kann dies ersetzen. Durch das Fehlen dieser Art der Kommunikation und der Kommunikation mit anderen Kaninchen, können Verhaltensstörungen bei Kaninchen auftreten, wie auch Aggressionen, da hier ein sehr wichtiger Bestandteil ihres Wesens fehlt. Wir Menschen nehmen diese nur nicht als Verhaltensstörung wahr.
Nur weil ein Kaninchen keine deutlichen Anzeichen zeigt, heißt es nicht, dass es nicht einsam ist. Kaninchen leiden still und nehmen die Gegebenheiten des gebotenen Lebensrau meist still hin. Was bleibt ihnen auch anderes übrig, als sich zu fügen?
Ein einzelnes Kaninchen ist oftmals sehr auf seinen Besitzer fixiert. Es läuft einem überall hinterher, springt ins Bett und möchte überall dabei sein. Die Ursache hierfür ist, dass es sich einsam fühlt. Wenn Kaninchen sich so benehmen, obwohl sie einen Partner haben, kann das auf eine Fehlprägung im Babyalter zurückzuführen sein.
Der Unterschied von Einzelhaltung und mindestens Paarhaltung ist erst deutlich sichtbar, wenn die Vergesellschaftung abgeschlossen ist und die Kaninchen harmonisch zusammenleben.
Kaninchen brauchen Raum.
Wenn man sich Kaninchen in der Natur ansieht, wie sie hüpfen, springen und sich sehr schnell fortbewegen, dann ist deutlich zu erkennen, dass unsere Hauskaninchen den gleichen Bedarf haben. Käfige und Züchterboxen können diesem Drang nicht gerecht werden, da sie die Kaninchen in ihrer Natürlichkeit und ihrem angeborenen Verhalten völlig einschränken.
Diese Fotos zeigen deutlich, dass diese Haltung für Kaninchen völlig unzureichend und auch inakzeptabel ist. Auch wenn diese "nur" über Nacht zum "Schutz" der Kaninchen genutzt werden, kann man bei dieser Haltung bei Kanichen von Tierquälerei sprechen.
Je mehr Platz Kaninchen zur Verfügung haben, umso besser für das Leben mit den Kaninchen und den Kaninchen untereinander.
Ich empfehle mindestens 10qm für 2 Kaninchen. Je mehr Platz, desto mehr Lebensraum für die Kaninchen, desto besser können sie ihr natürliches Verhalten leben.
Bei nicht artgerechter Haltung, kann es zu Verhaltensstörungen kommen wie ständiges Klopfen der Hinterläufe, nagen am Holzkasten oder an den Gitterstäben sowie ständiges im Kreis laufen.
Aggressionen gegenüber Mensch und Artgenossen, sind ebenso nicht ungewöhnlich.
Platzmangel kann dazu führen, dass Kaninchen ihr Revier extrem verteidigen und ihren Besitzer beißen, sobald dieser die Hand in die Box oder den Käfig steckt. Zu viele Kaninchen auf engem Raum können ebenso zu Aggressionen untereinander führen, da sie keinen Raum für sich selbst haben.
Einsamkeit kann extremen Frust bei Kaninchen hervorrufen und sich durch Angreifen des Besitzers bemerkbar machen.
Platzmangel und Einsamkeit können Kaninchen krank machen. Sie fressen und bewegen sich nicht ausreichen, so dass es weitaus häufiger zu Magendarmbeschwerden kommt. Auch Zahnprobleme werden durch Platzmangel begünstigt.
Kaninchen sind von Natur aus in der Lage, Krankheiten sehr lange zu verbergen, bis es ihnen so schlecht geht, dass jede Hilfe schon fast zu spät sein kann. Gerade in der freien Wildbahn fallen sie dann Freßfeinden wie Mardern und Füchsen oder auch Greifvögeln zum Opfer, da sie krankheitsbedingt nicht mehr so gut reagieren können, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch unsere Hauskaninchen besitzen diese Überlebensinstinkte. Aus diesem Grund müssen sie artgerecht gehalten und auch gefüttert werden.
Mann muss seine Kaninchen immer gut beobachten und darauf achten, dass sie ausreichend Nahrung zu sich nehmen und Kot absetzen. Dies kann nur im Zusammenhang mit ausreichend Platz einhergehen, da die Verdauung der Kaninchen durch viel Bewegung angeregt wird. Ebenfalls müssen Kaninchen auf andere Krankheiten untersucht werden, da jedes Kaninchen mal krank werden kann. Oftmals sieht man es nicht auf den ersten Blick.
Kaninchen könne durch Unwohlsein und Schmerzen verschiedene Verhaltensauffälligkeiten zeigen wie zum Beispiel:
- Mit den Zähnen knirschen - Popo auf den Boden drücken - Fressunlust - Heftigeres Atmen - Bewegungsunlust - Knurren - Jagen des Partners - Kneifen oder Beißen
Kranke Kaninchen müssen dringend zum Tierarzt!
Jedes Kaninchen verhält sich im Krankheitsfall anders. Während die einen sich aggressiv verhalten, sitzen die anderen in sich zusammen gekauert in einer Ecke. Oft werden kranke Kaninchen sogar in der Gruppe oder vom Partner gemobbt. Wenn man das Gefühl hat, dass es einem Kaninchen nicht gut geht, empfiehlt es sich immer, sofort einen fachkundigen Tierarzt aufzusuchen. Je schneller gehandelt wird, umso schneller kann man dem Kaninchen helfen und die Überlebenschancen steigern.
Wenn Rammler nicht kastriert sind und zusammen leben, kann es hier nicht nur zu Urin verspritzen und ungewollter Schwangerschaft kommen (sofern Weibchen in der Gruppe leben), sondern ebenso zu extrem schlimmen Verletzungen untereinander. Männliche Kaninchen müssen immer kastriert werden!
Häsinnen leiden unter Umständen unter extremen Hormonschwankungen und können an Gebärmutterkrebs erkranken, wenn nicht rechtzeitig kastriert wird. Sind sie ständig einem unkastrierten Partner ausgesetzt, der sie bedrängt und besteigt oder muss eine Häsin ständige Nachwuchs produzieren, so kann dies eine Häsin extrem unter Stress setzen. Wenn die Häsinnen nicht behandelt werden, entwickeln sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Aggression. Gleiches gilt für unkastrierte Rammler.
Angst wird bei Kaninchen oft mit Aggressivität verwechselt.
Kaninchen, die Angst haben oder unsicher sind, zeigen dies entweder durch extremes Zurückziehen und Anlegen der Ohren oder aber durch Angreifen und Beißen sowie Ohren nach vorne stellen. Oft knurren sie während eines Angriffs.
Kein Kaninchen ist von Natur aus böse. Kommt ein Kaninchen aber in Bedrängnis und weiß sich nicht anders zu helfen, kommt es vor, dass es den Besitzer beißt oder auch das Partnertier. Die Angst kann durch viele Faktoren ausgelöst werden. - Falsche Haltung - Misshandlung - Einzelhaltung - Angst vor anderen Tieren durch fehlende Sozialisierung - laute Geräusche und vieles mehr
Steht ein Kaninchen extrem unter Stress durch eine Krankheit oder weil es ständig Nachwuchs produzieren muss oder sich in einer Gruppe unwohl fühlt etc., führt dies früher oder später zu Verhaltensauffälligkeiten, die in sehr vielen Fällen in Aggressionen umschlagen können. Behauptet wird dann, dass das Kaninchen nicht vergesellschaftungsfähig ist. Diese Aussage ist schlichtweg falsch.
Die Vergesellschaftung von Kaninchen wird oft falsch interpretiert.
Wir Menschen sehen die Vergesellschaftung aus der Sicht des Menschen und nicht aus der von Kaninchen. Daher sieht das für uns auch unglaublich aggressiv aus. In vielen Fällen ist es aber gar nicht so tragisch, wie wir das interpretieren. Wenn man einander fremde Kaninchen zusammen setzt, auf neutralem Boden, dann fliegen in der Regel schnell Fellbüschel durch das Gehege, die Kaninchen springen sich an, beißen sich fest und spätestens hier wird klar, dass die kleinen süßen Puschelhasen zu kleinen Tyrannen untereinander werden können. In der Regel verschwindet dieses Verhalten wieder, wenn die Vergesellschaftung abgeschlossen ist und die Kaninchen zum Partnertier oder der Gruppe passen und sich einfügen in den neuen Lebensraum.
Ist dies nicht der Fall, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit immer wieder zu Problemen kommen.
Kann Aggressivität bei Kaninchen therapiert werden?
Ein klares Ja,
Es gibt sicherlich nur ganz wenige Ausnahmen und dann hat es Gründe, denen man auf jeden Fall auf den Grund gehen sollte.
Eine artgerechte Unterbringung von Kaninchen mit genügend Platz und mindestens einem Partnertier sowie ein liebevoller Umgang mit den Kaninchen führt mit etwas Zeit und Geduld auch wieder zu einem fast normalem Verhalten gegenüber ihren Besitzern. Kaninchen, die wegen Schmerzen behandelt werden und bei denen die Ursache der Krankheit behandelt wird, legen in der Regel eine vorhandene Aggressivität mit der Zeit wieder von selbst ab.
Bei Kaninchen, die aus Angst beißen oder angreifen, bei denen dauert es in der Regel etwas länger. Diese haben oft schlechte Erfahrungen gemacht und somit braucht man viel Geduld und Liebe für die kleinen Langohren.
Es kann allerdings sein, dass man bei solchen Kaninchen keinen Schmusehasen bekommt, was in meinen Augen aber auch nicht wirklich wichtig ist.
Gerne stehe ich bei Fragen zum Thema Verhaltensauffälligkeiten / Verhaltensstörungen zur Verfügung oder helfe bei verhaltensgestörten Kaninchen, damit diese wieder Vertrauen fassen können.