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Kastration / Ovariohysterektomie bei weiblichen Kaninchen

in Info´s zu Kaninchenkrankheiten 02.05.2012 21:36
von Kaninchenraum | 782 Beiträge

Gründe für eine Kastration von Häsinnen

Es kann zwischen zwei Gründen für eine Kastration von weiblichen Kaninchen unterschieden werden: Eine Kastration aufgrund bestehender Erkrankungen wie beispielsweise Gebärmutterkrebs und eine Kastration als vorbeugende Maßnahme.

Bei einer Kastration (Ovariohysterektomie) werden die Keimdrüsen (Eierstöcke und Gebärmutter) komplett entfernt. Bei einer Sterilisation hingegen werden diese nur unterbunden, so dass eine Befruchtung nicht mehr möglich ist. Mit einer Sterilisation kann folglich nicht der gewünschte Effekt erzielt werden.

Bei Kastrationen von gesunden weiblichen Kaninchen handelt es sich um ein kontrovers diskutierte Vorgehensweise. Während mit der Kastration von Rammlern die Fortpflanzungsfähigkeit unterbunden werden soll und Geburtenkontrolle betrieben wird, liegen bei der Kastration von Häsinnen gesundheitliche Aspekte zugrunde. Es soll Erkrankungen der Geschlechtsorgane wie beispielsweise Gebärmutterkrebs oder Eierstockzysten vorgebeugt werden.

Gegen eine vorbeugende Kastration von Weibchen spricht, dass dieser Eingriff an einem gesunden Tier durchgeführt wird, als Vorbeugung von Krankheiten, welche lediglich auftreten können. Zudem birgt der Eingriff im Vergleich zu einer Kastration beim Rammler erhöhte Risiken und ist umfangreicher.

Für eine Kastration als Gesundheitsvorsorge spricht, dass krankhafte Veränderungen an Gebärmutter und Eierstöcken sehr häufig auftreten, meist bösartig sind und oft nicht erkannt werden. Zudem bilden sich häufig Metastasen in der Lunge und an der Milchdrüse. Dies kann dazu führen, dass das Kaninchen nicht mehr zu retten ist. Die Häufigkeit von krankhaften Veränderungen wird anhand einer Studie der House Rabbit Society (www.rabbit.org) deutlich. Dieser ist zu entnehmen, dass 80% der untersuchten Häsinnen bis zu einem Alter von drei Jahren an Gebärmutterkrebs erkrankt sind.

Die Entscheidung für oder gegen einen solchen Eingriff als vorbeugende Maßnahme muss jeder Halter selbst treffen. Eine regelmäßige Untersuchung der Tiere ist jedoch unabdingbar!



Zeitpunkt der Kastration

Erfahrungsgemäß erfolgt die Kastration am besten in einem Alter von ein bis zwei Jahren. Junge Kaninchen erholen sich deutlich schneller von dem Eingriff als ältere und/oder bereits erkrankte Tiere. Wenn möglich sollte die Kastration nicht an heißen Sommertagen oder zusätzlich zu sonstigen für das Kaninchen belastenden Situationen erfolgen. Bei einem bereits erkrankten Kaninchen sollte der Eingriff so bald wie möglich stattfinden, da erkennbare Veränderungen bereits weit fortgeschritten sind und die Tiere meist sehr schnell abbauen.



Diagnose

Grundsätzlich sollten Kaninchen sehr gut beobachtet und neben der täglichen Selbstkontrolle zweimal jährlich gründlich von einem kaninchenerfahrenen Tierarzt untersucht werden. Da Häsinnen häufig zu einem "zickigen" Verhalten neigen, ist eine Unterscheidung zwischen normalem Verhalten und hormonellen Veränderungen nicht immer einfach.

Bei folgenden Symptomen sollte umgehend ein Tierarzt aufgesucht werden:

- häufige Scheinträchtigkeiten
- aggressives Verhalten oder sonstige Verhaltensänderungen
- beim Abtasten des Bauches spürbare Veränderungen oder Schmerzempfinden der Häsin
- häufiges Rammeln
- blutiger Harn
- Ausfluss im Genitalbereich

Der Tierarzt sollte sich anhand eines Röntgenbildes oder mittels eines Ultraschalls ein Bild vom Zustand der Gebärmutter sowie der Eierstöcken machen. Ein reines Abtasten ist nicht aussagekräftig.

Wichtig: Auf einem Röngtenbild/einem Ultraschall ist nicht immer alles erkennbar. Negative Befunde sind keine Garantie dafür, dass keine Erkrankungen vorliegen!


Werden eindeutige krankhafte Veränderungen diagnostiziert, muss sofort ein Termin für die Kastration festgelegt werden, da in diesem Fall die Veränderungen schon weit fortgeschritten sind!


Da die Kastration von Häsinnen mit einigen Risiken verbunden ist, sollte der behandelnde Tierarzt sorgfältig ausgesucht werden. Empfehlenswert ist, die Operation von einem kaninchenerfahrenen Tierarzt durchführen zu lassen, welcher bereits über Erfahrungen in dieser Hinsicht verfügt. Des Weiteren sollte er eine Inhalationsnarkose anbieten. Eine umfassende Beratung und Nachsorge sollte selbstverständlich sein. Ein guter Tierarzt weiß um die Sorge des Kaninchenhalters um seinen Schützling und informiert nach der OP über den Zustand des Kaninchens. Nach Möglichkeit sollte das Kaninchen so lange beim Tierarzt bleiben dürfen, bis es gefressen hat und der Zustand nicht mehr kritisch ist. Die Kosten einer Ovariohysterektomie betragen in Abhängigkeit von Tierarzt und Region durchschnittlich zwischen 100-160€.



Vor der Operation

Einige Dinge sollten im Vorfeld der Operation angeschafft bzw. bereitgestellt werden:

Wundschutz
Einige Kaninchen lassen die Wunde nicht in Ruhe und knabbern und zupfen an ihr herum. Dies kann mittels eines Trichters (beim Tierarzt erhältlich) oder aber besser durch einen Body verhindert werden. Der Body hat den Vorteil, dass die Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt wird und das Kaninchen besser Futter und Blinddarmkot aufnehmen kann. Ein solcher Body kann beispielsweise aus einer Socke oder einem Ärmel selbst gefertigt werden, in dem man Öffnungen für die Beine hineinschneidet. Diese müssen ausreichend Platz lassen, damit sie nicht einschneiden und das Tier nicht behindert wird. Für größere Kaninchen kann auch ein Babybody verwendet werden.


Beispiel einer Body-Eigenkreation




Wärmequelle
Wärme ist nach der Operation wichtig, um den Kreislauf zu stabilisieren. Hierfür können neben Infrarotlampen, Wärmflaschen, Körnerkissen oder Wärmekissen verwendet werden. Ein Snuggle Safe empfiehlt sich bei knabberwütigen Tieren.

Päppelfutter und Leckereien
Da die meisten Langohren nach der OP nicht gleich fressen wollen, ist es empfehlenswert neben Päppelnahrung (z.B. Critical Care oder RodiCare Instant), Babybreichen und Spritzen ohne Kanüle, die Lieblingsleckereien da zu haben. Frische und getrocknete Kräuter wie Petersilie, Basilikum oder Dill wirken appetitanregend und werden in der Regel gerne gefressen.

Der Aufenthaltsort des Kaninchens nach der Operation sollte vorher hergerichtet werden. Nach Möglichkeit sollte die Häsin nach der Kastration wieder in ihre vertraute Umgebung zu ihrem/ihren Artgenossen. Ist dies nicht sinnvoll, da beispielsweise die Partnertiere die Häsin voraussichtlich nicht in Frieden lassen oder die Kaninchen in einem Außengehege gehalten werden, sollte ein Krankengehege oder zur Not ein großer Käfig bereitgestellt werden. Das Gehege sollte so gestaltet werden, dass keine Sprünge auf oder über Hindernisse möglich sind, damit die Wunde nicht reißen kann. Bitte sicherheitshalber keine Streu, Stroh, Pellets oder ähnliches verwenden! Anstatt dessen bieten sich Handtücher, kleine Teppiche, Decken, Bettlaken oder Bettwäsche an. Kissenhüllen mit Reißverschluss können auch mit Stroh oder Heu befüllt werden. So sind sie weicher und bequemer, die Wunde kann aber nicht gereizt werden.

Kaninchen dürfen auch vor einer OP auf keinen Fall nüchtern sein! Das Kaninchen muss in ausreichender Menge etwas zu fressen erhalten. Am Tag des Eingriffs sollte jedoch in erster Linie leichtverdauliches wie Heu, getrocknete Kräuter und Blätter sowie Wasser gereicht und auf größere Mengen Frischfutter verzichtet werden.



Nach der Operation

Eine sorgfältige Nachsorge ist lebensnotwendig für die Häsin, da die meisten Komplikationen erst nach dem Eingriff auftreten! Wichtig ist, dass der Kreislauf in Schwung kommt und das Tier frisst. Eine regelmäßige Kontrolle von Temperatur, Fressverhalten und Wunde ist den ersten Tag nach der OP - auch in der Nacht - von immenser Bedeutung!

Für den Transport nach Hause empfiehlt es sich, die Transportbox mit einem Handtuch auszulegen und, je nach Außentemperatur, mit warmen Wasser gefüllte Einweghandschuhe als "Wärmeakkus" mit in die Box zu packen.

Die Häsin muss keine Quarantäne einhalten und sollte falls möglich so bald wie möglich wieder zu ihren Artgenossen dürfen. Ruhe und die Möglichkeit sich zurück zu ziehen sind jetzt sehr wichtig für sie.


Fressverhalten
Viele Häsinnen verweigern nach der Kastration die Nahrungsaufnahme. Meist fressen sie auch noch 2-3 Tage nach der OP nur wenig. Deshalb sollte ihnen immer wieder ihr Lieblingsfutter angeboten werden, um sie zum Fressen zu animieren. Frisst das Kaninchen nicht bald nach der OP wieder oder zu wenig, muss mit Päppelfutter und Babybrei zwangsernährt werden (siehe hierzu Zwangsernährung beim Kaninchen). Ansonsten kann es zu gefährlichen Aufgasungen im Magen-Darm-Trakt kommen!

Kreislaufstabilisierung
Die Temperatur sollte in den ersten Stunden nach der OP regelmäßig kontrolliert werden. Dem Tier sollte auf jeden Fall eine Wärmequelle angeboten werden. Jedoch sollte es selbst entscheiden können, ob es diese in Anspruch nehmen möchte oder nicht.

Wundheilung
Die Häsin wurde an der Bauchdecke geschoren und mit einem ca. 3-5cm langen Schnitt versehen. Dieser Schnitt wird nach Entfernen der Gebärmutter und der Eierstöcke entweder genäht oder geklebt. Die Wunde ist im Verhältnis zur Körpergröße des Tieres sehr groß und muss unbedingt mehrmals täglich kontrollliert werden. Hierfür muss die Häsin meistens leider hochgenommen werden. Auf keinen Fall darf die Wunde großen Belastungen ausgesetzt werden. Also bitte sehr vorsichtig vorgehen und sicherstellen, dass das Kaninchen nicht stark strampeln oder gar fallen kann. Wenn möglich sollte auf Trichter oder Bodys verzichtet werden, damit sich das Kaninchen ohne Beeinträchtigung von dem Eingriff erholen kann. Um eine schnelle Wundheilung sicher zu stellen und Entzündungen vorzubeugen, darf die Wunde nicht mit Verbänden versehen werden. Sollte sie sich entzünden, muss umgehend der Tierarzt aufgesucht werden!


Die Tiere erhalten die ersten Tage nach dem Eingriff ein Schmerzmittel. Einige Tierärzte geben ein Antibiotikum mit, welches vom Tierhalter gegeben wird, um die Infektionsgefahr einzudämmen. Zusätzlich können unterstützend Traumeeltabletten
oder Arnikaglobuli (erhältlich in Apotheken) verabreicht werden.

Ist der Schnitt genäht worden, können nach etwa 10-12 Tagen die Fäden gezogen werden. Nach und nach wächst am Bauch wieder Fell und die Häsin sollte vollständig genesen sein.

Nach der Kastration dauert es einige Wochen bis die Hormone abgebaut sind. Eine Verhaltensänderung vollzieht sich also nach und nach. Einige aggressive Häsinnen werden allerdings auch nach einer Kastration nur bedingt friedlicher.




Quellen:
http://www.kaninchen.at/smf/index.php/topic,33232.30.html
http://info.kaninchenschutz.de/Weibchenkastration.pdf
http://www.sweetrabbits.de/flyer-kastration.pdf
http://www.wackelnasen.net/seite/sexualit%C3%A4t/kastration


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